Geschäftschancen
In den letzten Jahren ist die chinesische Volkswirtschaft spürbar schwächer gewachsen. 2020 lag der wirtschaftliche Zuwachs nur bei 2,3 Prozent und verlangsamt sich nach Prognose weiter.
Trotz der schwächeren Konjunktur zählt China immer noch zu den dynamischsten Ländern der Welt und übt auf ausländische Investoren eine enorme Anziehungskraft aus. Viele internationale Unternehmen sind in China ansässig, davon viele aus Deutschland, zum Beispiel VW, Siemens oder BASF. Einer der Gründe dafür ist, dass China einen großen potenzialen Absatzmarkt bietet.
Die erste Änderung, auf die sich die deutschen Unternehmen einstellen müssen, ist der Wegfall von Kostenvorteilen in China. Nach einer Umfrage der Deutschen Handelskammer sind die Lohnsteigerungen in China nicht mehr durch Produktivitätszuwächse zu decken. Nahezu alle Branchen stehen unter einem hohen Kostendruck. Vor diesem Hintergrund müssen Firmen ihre Produktion entweder verstärkt automatisieren oder sie suchen sich andere günstigere Standorte wie zum Beispiel im Hinterland Chinas oder gleich im Südostasien.
Für viele deutsche Maschinen- und Anlagenbauer bietet der Kostendruck auch viele Geschäftschancen. Trotz der veränderten Kostenstruktur ist China wegen der Nähe zum Kunden ein bedeutender Produktionsstandort.
Immer mehr deutsche Unternehmen betreiben Forschungs- und Entwicklungszentren vor Ort, um zunehmend anspruchsvollere Kunden bedienen zu können. Neben reinen Produktanpassungen an den Markt werden zunehmend Neuentwicklungen für spezifische Fragestellungen angefragt.
China ist das bevölkerungsreichste Land der Welt. Im Jahr 2021 betrug die Bevölkerung etwa 1,411 Milliarden. Davon sind etwa 63,35 Prozent zwischen 15 und 59 Jahre alt.
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Urbanisierung wächst die Mittelschicht Chinas stark. Die Einkommen steigen kontinuierlich. Die Kaufkraft wächst. Die HSBC schätzt, dass 2025 mehr als zwei Drittel der Bevölkerung der Mittelklasse mit einem Einkommen von 12 bis 50 Dollar pro Tag angehören werden. Chinesische Konsumenten werden in den kommenden Jahren mehr Geld für Konsumgüter ausgeben.
In den vergangenen Jahren hat sich das Konsumverhalten der chinesischen Verbraucher rasch gewandelt. Der Anteil des Einkommens, der für Nahrungsmittel ausgegeben wird, ist deutlich gefallen, aber es wird immer mehr Wert auf die Qualität der Nahrungsmittel gelegt. Dienstleistungen werden in Zukunft auch stärker nachgefragt werden, besonders solche in Bezug auf Gesundheit, Ausbildung und Freizeit.
Erkennbar ist auch bei der jüngeren chinesischen Generation eine größer werdende Affinität zu ausländischen Marken. Außerdem ist China der größte Markt für Luxusgüter. Ungefähr ein Viertel der weltweiten Verkäufe von Luxusgütern entfallen auf China.
In China wird der Kauf über Internet immer beliebter. Die Online-Business-Umsätze steigen stets kräftig - getrieben von überwiegend jüngeren Käufern. Aber im Vergleich zu größeren Städten ist das Wachstumspotenzial in den kleinen Städten und auf dem Land noch entwicklungsfähig.
Die Infrastruktur in China ist im Ausbau. Der Fokus liegt auf Eisenbahn, U- oder auch Hochbahnen, Flughäfen, Häfen und Seewegen, vorwiegend in den weniger entwickelten Regionen wie Xinjiang oder der Inneren Mongolei. In den Bereichen Wasserwirtschaft, Internet und Abfallwirtschaft werden große Infrastrukturprojekte schrittweise in Betrieb genommen.
Für die nächsten Jahre wird es zunehmend schwieriger für ausländische Unternehmen, sich am Ausbau und Aufbau der Infrastuktur in China zu beteiligen. Aber im Zulieferbereich ergeben sich teilweise noch gute Chancen, beispielsweise für Pumpen, Ventile, Aggregate oder Messinstrumente im Pipelinebau, beim Ausbau der Stromnetze oder der Wasserversorgung und -entsorgung. Speziell wenn es um sicherheitsrelevante Kernkomponenten geht, zum Beispiel in der Mess- und Regeltechnik, können deutsche Zulieferer immer wieder punkten.
Chinas Regierung fordert Unternehmen zu mehr Auslandsinvestitionen auf. Tatsächlich haben chinesische Unternehmen noch nie so viel im Ausland investiert wie derzeit. Neben Neuansiedlungen liegt der Fokus auch auf Firmenbeteiligungen und -übernahmen. Nach Zahlen des chinesischen Handelsministeriums investierten chinesische Unternehmen 2013 knapp 90,2 Milliarden US-Dollar außerhalb der Landesgrenzen. Mit seinen Auslandsinvestitionen steht China weltweit auf Platz drei hinter USA und Japan.
Chinesisches Geld fließt weltweit in die unterschiedlichsten Projekte. Der größte Teil der chinesischen Investitionen geht vor allem nach Asien und Lateinamerika. Die Europäische Union (EU) ist relativ weniger attraktiv, hierhin flossen 2013 nur 4 Prozent. Innerhalb der EU zog es die meisten chinesischen Gelder nach Großbritannien, gefolgt von Luxemburg und Deutschland.
In Europa suchen chinesische Investoren vielmehr nach strategisch einsetzbaren Wirtschaftsgütern (z.B. Häfen, Flughäfen, Logistik-/ Transporteinrichtungen und anderen Operationsplattformen), nach Technologien oder nach Marken und Objekten. In der EU fließen über ein Drittel der chinesischen Investitionen in die Sektoren Elektonik, Halbleiter und der Maschienenbau, in der Bundesrepublik sind es sogar 45 Prozent.
Eine große Diskrepanz war bei den Investitionen in der IKT-Branche und im Bereich Unternehmens- und Finanzdienstleistungen zu beobachten. Diese beiden Branchen spielten mit insgesamt 26 Prozent aller chinesischen Investitionen in der EU und 32 Prozent weltweit eine große Rolle. In Deutschland hingegen waren beide Sektoren mit zusammen 12 Prozent unterrepräsentiert.
China befindet sich jetzt im grundlegenden Umbau und verändert sich vom Produktions- zum Dienstleistungsstandort. Im Jahr 2015 lag der Anteil der Wertschöpfung im Dienstleistungssektor bei über 50%, rund 10 Prozentpunkte über dem Anteil des industriellen Sektors.
Vor dem Phänomen der steigenden Lohnkosten verwundert es nicht, dass Firmen ihre Produktion verstärkt automatisieren. Derzeit verzeichnen Roboterhersteller enorme Zuwachsraten. Aber im Vergleich zu anderen Ländern ist die Roboterdichte in China noch eher niedrig. In China kamen 2014 lediglich 36 Industrieroboter auf 10.000 Beschäftigte - in Korea (Rep.) sind es 478, in Deutschland 292 und in den USA 164. Ebenso steigt die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitern und Programmierern, um die Automatisierung umsetzen zu können.
Chinas Politik zielt darauf ab, die chinesische Volkswirtschaft von einer investitions- und exportorientierten zu einer innovationsgetriebenen, stärker auf Binnenmarkt ausgerichteten Volkswirtschaft umzustrukturieren. Dafür müssen Innovationsfähigkeit und Kreativität in der Gesellschaft verstärkt werden. Entsprechend gibt die chinesische Regierung immer mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus. Bereits 2015 gab die Regierung dafür etwa 2,2% des Bruttoinlandsproduktes aus.